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Forschungsprojekte

Aktuelle Forschungsthemen in der Unfallrekonstruktion

Die Themen Forschung und Entwicklung sind für Schimmelpfennig + Becke bereits seit der Gründung im Jahr 1976 feste Säulen im Unternehmenskonzept.

Ganz gleich, ob es um Fahrzeugkonstruktionen, Sicherheits- oder Ergonomiekonzepte geht – in Kooperation mit renommierten Lehrstühlen, Automobilherstellern und Forschungseinrichtungen entstehen konstruktive Visionen für Menschen und die Industrie.

Die folgenden Beiträge geben eine kurze Übersicht über die aktuellsten Forschungsbereiche:

Forschungsprojekt “Minimalüberdeckungscrash” bei kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderungen von 5 bis 8 km/h bei schief-frontalen Insassenbelastungen

In dem Projekt zur Entwicklung eines Testverfahrens für einen Minimalüberdeckungscrash, das über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert wird, geht es um Unfallsimulationen bei kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderungen von 5 bis 8 km/h bei schief-frontalen Insassenbelastungen. Zusammen mit Forschungspartnern wie den Sportwissenschaftlern an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster wird hierbei unter anderem der Bewegungsablauf der Insassen bei schief-frontalen Belastungen analysiert.

Im Zentrum der Untersuchung stehen die visuellen 3D-Bewegungsanalysen der insgesamt neun männlichen Probanden. Dazu haben die Wissenschaftler die Ausstattung und die Software des Bewegungslabors der WWU vom Sportzentrum am Horstmarer Landweg zum Crashtestgelände in Wolbeck transportiert. Während des Crashs nehmen acht Infrarot-Hochgeschwindigkeitskameras die Bewegungen der Probanden über rund 50 Spiegelmarker auf, die am Körper befestigt sind. Zusätzlich sind die Teilnehmer mit zwölf drahtlosen Elektromyografie-Elektroden versehen, die die Aktivitäten der Muskeln messen. Die Informationen von den Kameras und den Elektroden werden zeitgleich auf den Computer übermittelt und mit Hilfe einer Software in präzise 3D-Grafiken übertragen. Darüber hinaus wird mit speziellen Druckmessfolien, die am Sicherheitsgurt, am Lenkrad und unter den Füßen angebracht sind, der Druck gemessen, der beim Aufprall auf den Probanden wirkt. Dadurch können die Wissenschaftler unter anderem die Geschwindigkeit des Kopfes in Relation zum Oberkörper, ein entscheidender Verletzungsindikator, sowie den Beginn und die maximale Aktivität der Hals- und Nackenmuskulatur bestimmen.

Experimentelle Untersuchung der biomechanischen Belastungswerte bei Nutzung neuer und alter Autositze bei Heckkollisionen

Hauptverletzung bei Verkehrsunfällen ist das Schleudertrauma. Gerade bei Heckkollisionen ist das Risiko besonders hoch. Aus diesem Grund hat das Ingenieurbüro Schimmelpfennig und Becke schon im Jahr 1993 im Rahmen einer Diplomarbeit von MEYER eine Studie durchgeführt, bei der die technischen Parameter, welche auf den menschlichen Körper wirken, erfasst und analysiert wurden. Auch im Jahr 1997 wurde im Rahmen zweier Diplomarbeiten von BÜHRMANN und KALTHOFF eine Studie durchgeführt, welche sich mit derselben Problematik auseinandersetzte.

Ziel soll es sein, einen Vergleich zwischen alten und neuen Sitzen zu schaffen. Hierzu werden die gleichen Sitzmodelle aus der damaligen Studie von BÜHRMANN und KALTHOFF herangezogen. Diese werden mit heute vergleichbaren Sitzmodellen getestet. Es sollen die Beschleunigungen der Personen und die des Fahrzeugs gemessen und verglichen werden.

Es wird erwartet, dass ein deutlicher Unterschied zu den damaligen biomechanischen Belastungen festgestellt werden kann. Das bedeutet, es gibt einen deutlichen Unterschied der Beschleunigungen der Personen bzw. des Dummys. Gegenüber älteren Sitzkonstruktionen ist bei den neuen Sitzgenerationen mit geringeren Beschleunigungen zu rechnen. Nicht zuletzt aus dem Grund, dass EuroNCAP Sitztests durchführt. Hierdurch wird angenommen, dass die Autohersteller (OEMs) sich an neue Gegebenheiten anpassen und ihre Sitze gerade in Bezug auf die Heckkollision und die damit bedingte Schleudertrauma-Gefahr entwickeln.

Die Erkennung und Analyse der technischen Änderungen des Volkswagen Softwareupdates im Rahmen des Abgasskandals aus 2015

In Europa wurde am 19. September 2015 bekannt, dass die amerikanische Umweltbehörde EPA VW in verschiedenen Diesel-Fahrzeugmodellen Abgasmanipulationen vorwirft. Die EPA hatte bei Emissionsmessungen festgestellt, dass Diesel-Pkw von VW die Stickoxid-Grenzwerte außerhalb des Prüfstands Zyklus deutlich überschreiten. In Realfahrversuchen der Universität in West Virginia überstieg beispielsweise der VW Jetta VI die Stickoxid-Grenzwerte um das 15 bis 35 fache.

Ziel des Projekts ist es anhand eines Testfahrzeuges die Unterschiede des Softwareupdates [SW 6208 (Softwarestand der Abgasmanipulation) und SW 9980 (Softwarestand nach Rückrufaktion)] zu identifizieren und zu verstehen, sodass die motorseitigen Auswirkungen des Softwareupdates bei betroffenen Fahrzeugen nachweisbar werden. Die Messtechnik besteht aus einem mobilen Datalogger, welcher die CAN-Bus Signale aufnimmt und per LTE in einem Cloudserver speichert. Zusätzlich wurde das Diagnose Tool VCDS® benutzt um Daten über die OBD-Schnittstelle aufnehmen zu können, die nicht über den CAN-Bus auslesbar sind. Um das Testfahrzeug mit beiden Softwareständen testen zu können, wurde das vorhandene Motorsteuergerät geklont und auf die SW 6208 zurückgesetzt.

Fußgängererkennbarkeit mit unterschiedlichen Scheinwerfertypen, bei Scheinwerfertrübung und unter Berücksichtigung von Kurvenlicht

Die Erkennbarkeit eines Fußgängers ist für einen Pkw-Fahrer nicht nur mit der Lichtstärke und der "Reichweite" seines Scheinwerfers zu verknüpfen. Von Bedeutung ist auch das "Streulicht" des Scheinwerfers. Es stellt sich die Frage, ob durch den Austausch von Leuchtmitteln im Halogenscheinwerfer bessere Fußgängererkennbarkeiten erreicht werden können und welchen Einfluss eine mögliche Scheinwerfertrübung, gerade bei älteren Fahrzeugen, auf die Fußgängererkennbarkeit hat. Können die neuen Scheinwerfersysteme wie Xenon und LED durch die stetige technische Weiterentwicklung von Pkw zu einer früheren Fußgängererkennbarkeit beitragen?
Zusätzlich zum Scheinwerfertyp spielt auch die dynamische Leuchtweitenregelung, die Änderung des Lichtprofils und das Kurven- und Abbiegelicht eine Rolle in der Fußgängererkennbarkeit bei der Annäherung des Pkw an die Unfallstelle.

Zur Beurteilung der Fußgängererkennbarkeit wurden lichttechnische Untersuchungen durchgeführt, bei denen sich ein Fußgänger unter 90° zur Fahrzeuglängsachse, von links und rechts kommend, mit einer Geschwindigkeit von 5 km/h näherte. Die Geschwindigkeit des Pkw wurde mit konstant 50 km/h angenommen und die Kollision mittig an der Fronthaube berücksichtigt. Um die Positionen zwischen Fußgänger und Pkw mit verschiedenen Fahrzeugen möglichst genau reproduzieren zu können, wurde nur der Fußgänger auf das Fahrzeug zubewegt. Für die Beurteilung des Einflusses der Scheinwerfertrübung wurden die Abschlusscheibe im Nachgang mit Schleifpapier zerkratzt und eine erneute Messung unter gleichen Bedingungen durchgeführt.
Zusätzlich zu den Sichtfotos aus dem Pkw wurde bei jeder Messreihe die Beleuchtungsstärke auf dem Boden in 10 m-Abständen in Verlängerung der Fahrzeuglängsachse bis zu einer Entfernung von 100 m bestimmt und ein Hochfoto aus rund 5 m Höhe des Scheinwerferprofils gefertigt. In jeder Messreihe wurden Sichtfotos aus dem Pkw auf den Fußgänger für die zeitlichen Abstände zwischen 5 und 1 s vor der Kollision mit einer kalibrierten Digitalkamera für je eine Fußgängerannäherung von rechts und links aufgenommen.

Zur Auswertung des Kurvenlichts wurden die Scheinwerfer im Stand über eine spezielle Software manuell angesteuert, so dass sich bei stehendem Fahrzeug die Stellposition der Scheinwerfer durch die Lenkradstellung einstellen ließ. Um die dynamische Änderung der Scheinwerferausrichtung darstellen zu können, wurden Hochfotos der Lichtprofile mit einer kalibrierten Digitalkamera für jede Lenkradstellung aufgenommen, in ein Falschfarbenbild überführt und als animiertes GIF aneinander gereiht.